Seit 35 Jahren gibt es Alpen-Donau-Adria. Der Dokumentarfilmer, Chefredakteur und spätere Fernsehdirektor des Kroatischen Rundfunks, Branko Lentić, ist vor kurzem verstorben. Einer seiner letzten Beiträge war Brela gewidmet.
Stein auf Stein – das ist Brela. Steinhäuser mit Dächern aus Stein, in und auf Stein gebaut. Jedes Fleckchen Erde ist kostbar und wird bebaut – mit Weinreben, Oliven und Weichselbäumen. Die Architektur ist einfach, doch in ihrer Vielfalt vollkommen.
Die Weichselblüten wachsen auf wilden Trieben. Früchte wird es hier keine geben. Auch die alten Weinberge bringen nur mehr eine karge Ernte.
Aus vereinzelten in der Landschaft verstreuten Steinhäusern ist im Laufe der Zeit ein Städtchen gewachsen, das mittlerweile fast schon das Meer erreicht hat.
Die aromatischen Maraska-Weichseln werden nur mehr für den Eigenbedarf kultiviert, und den berühmten Maraschino bekommt man allenfalls noch zum Kosten angeboten. Denn Brela präsentiert sich auf dem Markt ausschließlich mit der zauberhaften Schönheit seiner Landschaft, vor allem mit seinen Kiesstränden, die sich über 6000 Meter im Schatten jahrhundertealter Föhren dahinziehen.
Das kristallklare Wasser und die besondere, häufig wechselnde Färbung des Meeres sind ein Geschenk des Biokovo. Von Zeit zu Zeit lässt der Riese die Bora seine Felsen hinabfegen. Alles – ja sogar das menschliche Gemüt wird durch den Wind gereinigt. Die Dalmatiner nennen daher die Bora „čista žena – reinliche Frau“.
Aus verstreuten Weilern ist ein Städtchen mit 2000 Einwohnern entstanden – und mit vielen Hotels, Pensionen und Ferienhäusern. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, stehen zu bleiben. Die Baumaschinen und Kräne, die gerade abmontiert werden, rücken den Stränden immer näher. Und immer mehr Neubauten drängen sich um die alten Kirchen.
Diese Eiche ist 1000 Jahre alt und ein Naturdenkmal. Vom Meer aus fällt ihre monumentale Größe jedoch kaum mehr auf.
Die ersten Gäste sind schon da, und geschäftig bereitet man sich auf die Saison vor. Im Meer tummeln sich die ersten Schwimmer – sie sprechen Deutsch. Über dem mittleren der Strände weht eine blaue Fahne. Sie wird von der FEEE, der europäischen Stiftung für Umwelterziehung, verliehen und gilt als Auszeichnung für einen besonders hohen Umweltschutzstandard, ein Prestigesymbol, das schwer zu bekommen, aber dafür auch umso leichter wieder zu verlieren ist.
Etwa 50 Meter von dieser Stelle entfernt entdeckten Taucher unlängst eine Reihe von Unterwasserhöhlen, und machten Brela um ein Angebot reicher: den Tauchtourismus: so sieht die Welt 15 Meter unter der Meeresoberfläche aus. Vielleicht sind das die steinernen Wurzeln des Biokovo, die sich hier in den Meeresgrund graben?
In der Abendstille ziehen die Eindrücke noch einmal an uns vorbei: die Steinhäuser auf dem Berg, die Strände und die Unterwasserwelt, ein verlassenes Haus und wild wachsende Weichselbäume, Boote, die ihre Netze nicht über den Höhlen auswerfen. Und wir erkennen, was Brela so einzigartig macht: es ist die vollkommene Harmonie seiner Gegensätze.